Statistik und Deportation
der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich

Deportationen aus Nordwestdeutschland nach Auschwitz 1943

Abfahrtsdatum (Berlin): 19.02.43, Herkunft: Hamburg - Berlin, Deportierte: 21 (nur Hamburg, Gesamtstärke: 1000)

Abfahrtsdatum (Berlin): 26.02.43, Herkunft: Hamburg - Berlin, Deportierte: 1 (nur Hamburg, Gesamtstärke: 1100)

Abfahrtsdatum: 02.03.43, Herkunft: Dortmund - Hannover, Deportierte: 243 (nur Nordwestdeutschland, Gesamtstärke: ?)

Abfahrtsdatum: 02.03.43, Herkunft: Hamburg - Berlin, Deportierte: 1 (nur Hamburg, Gesamtstärke: 1758)

Abfahrtsdatum (Berlin): 28.06.43, Herkunft: Rostock - Berlin, Deportierte: 1 (nur Rostock, Gesamtstärke: ?)

Abfahrtsdatum (Berlin): 28.09.43, Herkunft: Hamburg - Berlin, Deportierte: 2 (nur Hamburg, Gesamtstärke: 74)

Abfahrtsdatum (Berlin): 08.11.43, Herkunft: Hamburg - Berlin, Deportierte: 1 (nur Hamburg, Gesamtstärke: 50)

Die Deportationen des Jahres 1943 aus Nordwestdeutschland in den "Osten" gingen wie für das übrige Reichsgebiet ausschließlich nach Auschwitz. In der Gestapoliste zum "Transport am 12. Februar 1943 von Hamburg über Berlin nach dem Osten" sind die Namen von 23 Menschen verzeichnet, davon 21 mit Hamburger Adresse sowie Daniel und Ella Bernstein aus Berlin, die sich im Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel befanden. Von ihnen wurden 21 mit dem 29. Osttransport am 19.2. ab Berlin nach Auschwitz deportiert. Ludwig Jacobsohn folgte am 26.2. mit dem 30. Osttransport, Martin Jeserski am 2.3. mit dem 32. Osttransport. In der von der Vermögensstelle des OFP bearbeiteten Liste befindet sich weiterhin ein handschriftlicher Nachtrag für Martin Starke, der aus dem Gefängnis in Fuhlsbüttel am 5.2. nach Berlin und von dort weiter nach Auschwitz gebracht wurde. Er überlebte. Seine Frau und drei Töchter waren zuvor mit dem 29. Osttransport verschleppt und sind in Auschwitz ermordet worden.


Weitere 3 Hamburger wurden am 28.9. (43. Osttransport) und 8.11. (46. Osttransport) über Berlin nach Auschwitz gebracht. Leiser Berlin war bereits in der Liste zum 42. Osttransport vom 10.9.43 aufgeführt, ist dann aber offensichtlich zurückgestellt und am 8.11. deportiert worden. Zusammen mit den Hamburger Juden wurde am 28.9.43 auch ein im Marlag/Milag Nord in Westertimke bei Bremen internierter jüdischer Seemann nach Auschwitz deportiert. Die Hamburger und Berliner Transportlisten sind nachfolgend in Kopien der Arolsen Archives bzw. der NARA reproduziert. Das Original der Hamburger Gestapoliste befindet sich im Staatsarchiv Hamburg, Bestand 314-15, Nr. 24 UA 8, eine Kopie im Bestand 522-1, Nr. 992 e 2, Bd. 5.

Hamburg (12.2.43)

30. Osttransport

29. Osttransport

32. Osttransport

Hannover (2.3.43)

42. Osttransport

43. Osttransport

46. Osttransport

OT430302-1 OT430302-2

Am 28.6.43 wurde Gertrud Prager aus Rostock im 39. Berliner Osttransport nach Auschwitz gebracht, nachdem sie bereit im November 1942 aus der Haft in Alt-Strelitz zusammen mit den für die Deportation in das Getto von Theresienstadt vorgesehenen Mecklenburger Juden nach Berlin überführt wurde (siehe hier).


Wie im gesamten Reichsgebiet waren auch jüdische Menschen in Nordwestdeutschland von der als "Fabrikaktion" bekannten Maßnahme betroffen, bei der Ende Februar 1943 die noch im Beschäftigungsprozess befindlichen Juden, die nicht in Mischehe lebten, zusammen mit ihren Angehörigen verhaftet und einige Tage später nach Auschwitz deportiert worden sind. Eine Liste der Gestapo Hannover verzeichnet die Namen von 38 Personen, davon 37 aus Hannover bzw. Ahlem und 1 aus Algermissen im Regierungsbezirk Hildesheim, siehe die Kopie aus dem Niedersächsischen Landesarchiv, Bestand NLA Hannover Hann. 210 Acc. 160/98 Nr. 7 fol. 63-64.


Dazu kamen vermutlich 16 Menschen aus dem Land Braunschweig. Zu ihnen gehörten 6 aus der Stadt Braunschweig, darunter die Ehepaare Oskar und Erna Mendel, Moses und Rosa Seckels sowie Abraham und Theodora Wolffs, die laut dem Eintrag in den Meldekarten am 2.3.43 nach "unbekannt ausgewandert" sind [StadtA Braunschweig]. Nach den Unterlagen des Oberfinanzpräsidenten [NLA Hannover 210 Acc. 160/98 Nr. 5] wurden auch Friederike Turteltaub aus Grasleben, Grete Schaye aus Wolfenbüttel und 8 Menschen aus dem Bereich des Finanzamts Blankenburg nach Auschwitz deportiert, wobei es sich wie zuvor beim Transport vom 26.9.42 nach Raasiku vermutlich um Zwangsarbeiter aus dem Lager Wendefurth handelte. Von ihnen ist nur Max Nebel namentlich bekannt. Als Deportationsdatum ist auch in den Unterlagen der Finanzbehörden der 2.3.43 vermerkt. Daher ist anzunehmen, dass die jüdischen Menschen aus Hannover und Braunschweig einem Koppelzug aus dem westlichen Deutschland angeschlossen wurden, der am 2.3. von Dortmund kommend über Berlin geführt wurde und am 3.3. abends das Konzentrationslager Auschwitz erreichte (siehe hier).


In der Tat sind für 4 der in der Hannoverschen Liste verzeichneten Menschen Häftlingsnummern bekannt, die am 3.3.43 in Auschwitz vergeben wurden. Dies sind Herbert Baron (Nr. 104896), Helmut Bloch (Nr. 104904), Hermann Friedheim (Nr. 104922) und Heinz Moritz (Nr. 104997). Dazu kommt Max Nebel aus dem Braunschweiger Transport, der in Auschwitz die Nr. 105000 erhielt. Die Deportierten aus dem westlichen Deutschland, die bei der Ankunft in Auschwitz am 3.3.43 für den Arbeitseinsatz in Monowitz selektiert wurden, hatten ausnahmslos Häftlingsnummern im Bereich von 104890-105172 und 105457-105506 erhalten. Von Helmut Bloch und Max Nebel ist der in Auschwitz erstellte "Häftlingspersonalbogen" erhalten geblieben, aus dem Details zur Person sowie die Daten der Verhaftung in Ahlem (1.3.43) und Wendefurth (28.2.43) sowie der Einlieferung in Auschwitz (3.3.43) hervorgehen. Die abgebildeten Personalbögen aus den Arolsen Archives wurden durch das USHMM innerhalb der Holocaust Survivors and Victims Database online publiziert.

Die Monatsstatistik der Reichsvereinigung gibt für den März 1943 insgesamt 413 Deportierte aus Nordwestdeutschland an. 170 von ihnen wurden nach Theresienstadt gebracht, so dass die Zahl der Deportierten nach Auschwitz insgesamt 243 betragen haben muss und damit weit mehr, als sich aus den bekannten Angaben für Hannover und Braunschweig ergibt. Möglich ist, dass Menschen im Rahmen der "Fabrikaktion" von auswärtigen Arbeitseinsätzen in anderen Regionen Deutschlands aus direkt deportiert wurden, während sie von der Reichsvereinigung noch unter ihren früheren Wohnorten in Nordwestdeutschland registriert waren. Nicht auszuschließen ist zudem, dass auch Juden aus einem der noch bestehenden Arbeitslager in der Provinz Hannover oder dem Land Braunschweig abtransportiert wurden.

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Helmut Bloch

Max Nebel