Statistik und Deportation
der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich

Mainz - Darmstadt nach Piaski

Abfahrtsdatum: 24.03.42, Deportierte: 1000

Die erste Deportation aus dem Volksstaat Hessen erfolgte am 24.3.42, als 1000 Menschen über Darmstadt nach Piaski in den Distrikt Lublin des Generalgouvernements verbracht wurden. Von der Deportation betroffen waren Juden aus Darmstadt und dem Kreis Darmstadt, aus Worms und dem Kreis Worms, aus Bingen und Mainz. Bereits Tage zuvor wurden sie im Sammellager Liebig-Schule in Darmstadt konzentriert. Aus Worms wurden die Menschen am 19.3. und aus Bingen am 20.3. nach Darmstadt gebracht [LA Speyer, X5/Negativ 113; YVA O.8/16]. In Mainz herrschte ab 19.3., 20 Uhr, für die Betroffenen Ausgehverbot, am 20. und 21.3. erfolgte ihre Überführung nach Darmstadt [StadtA Mainz, NL Oppenheim 49,3].


Über das Datum des Abtransports aus Darmstadt gibt es in der Literatur kontroverse Angaben. Aus dem Schriftverkehr des Vertrauensmanns der Reichsvereinigung in Mainz, Michel Stephan Oppenheim, mit der Gestapo sowie dem Finanzamt Mainz ist jedoch eindeutig ersichtlich, dass die Deportation am 24.3.42 erfolgt ist [StadtA Mainz, NL Oppenheim 49,9]. Bestätigt wird das Deportationsdatum auch durch den Statistischen "Bericht Nr. 46" für den Monat März 1942, der von Oppenheim für die Gestapo angefertigt wurde. In diesem heißt es im Punkt 10: "Am 24.3.42 ging von Darmstadt eine Abwanderung ab, die 1000 Personen umfaßte", siehe die nachfolgende Reproduktion aus dem Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, Bestand B-1/13, Nr. 3449.

Orte, aus denen deportiert wurde









Astheim

3


Herrnsheim

4


Ober-Klingen

10

Auerbach

8


Hetschbach

1


Ober-Ramstadt

8

Beerfelden

9


Höchst

1


Pfungstadt

11

Bingen

76


Hohensülzen

2


Reichelsheim

12

Birkenau

4


Jugenheim

1


Reichenbach

3

Bensheim

9


Lorsch

9


Rimbach

4

Crumstadt

3


Mainz

467


Rüsselsheim

4

Darmstadt

160


Messel

2


Schlierbach

9

Dieburg

10


Michelstadt

10


Seeheim

1

Elmshausen

3


Mörfelden

10


Sickenhofen

4

Gernsheim

7


Mümling-Grumbach

6


Viernheim

12

Gräfenhausen

5


Münster (Krs. Dieburg)

2


Wachenheim

6

Habitzheim

1


Neustadt

8


Worms

75

Heppenheim

17


Nieder-Flörsheim

3




©TF 2022, mail(at)statistik-des-holocaust.de

Kurz vor der Deportation, am 5.2.42, wurden in Hessen noch 3765 Juden registriert, die sich auf 130 Städte und Gemeinden verteilten. Allein 1336 von ihnen lebten in Mainz, gefolgt von Darmstadt mit 464, Offenbach mit 341, Worms mit 190, Gießen mit 170 und Bingen mit 169 jüdischen Bewohnern [YVA O.8/16]. Registriert wurden zugleich die Juden im Alter von über 65 Jahren (1109), die in Mischehe lebenden Juden (245), die Zahl der Ausländer (10) und weitere Kategorien von Menschen, deren genaue Erfassung für die Planung der bevorstehenden Deportationen hessischer Juden benötigt wurde. Die Zusammenstellung dieser Angaben ist hier in einer Kopie aus den Yad Vashem Archives, Bestand O.8/16, reproduziert.


In einer Meldung des Leiters der Bezirksstelle Hessen der Reichsvereinigung, Fritz Löwenberg, an die Zentrale in Berlin, Abteilung Statistik, heißt es, dass von den 1000 "Abgewanderten" lediglich 986 in Hessen wohnhaft bzw. gemeldet waren. Dazu kamen 8 Personen aus Frankfurt/Main, je eine aus Wiesbaden, Wallau und Nordrach, während 3 Personen bei der Bezirksstelle nicht geführt wurden (siehe hierzu die obige Kopie aus den Yad Vashem Archives, Bestand O.8/16). Die Monatsstatistik der Reichsvereinigung vom März 1942 verzeichnet schließlich 992 Deportierte aus dem Bereich der Bezirksstelle Hessen. 8 weitere verteilen sich auf die Bezirksstellen Hessen-Nassau (2) und Baden-Pfalz (1) sowie 5 Deportierte, die von der RV-Statistik zur Kultusvereinigung Frankfurt/Main gehörend registriert worden sind.


Nachfolgende Liste, die vom Mainzer Vertrauensmann Michel Stephan Oppenheim überliefert wurde, nennt hingegen ausschließlich hessische Orte als Wohnsitz der Deportierten. Entsprechend dieser Liste kamen 467 Menschen aus Mainz, was mit der Angabe in der Statistik der Reichsvereinigung übereinstimmt. Unter der Nr. 856 verzeichnet ist Hedwig Reiling, die Mutter der 1900 in Mainz als Netty Reiling geborenen Schriftstellerin Anna Seghers. Die Liste befindet sich im Stadtarchiv Mainz, Bestand NL Oppenheim, Nr. 51,21c.

Juden in Hessen am 5.2.42

Bericht Nr. 46 für März 1942

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