Statistik und Deportation
der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich

München - Augsburg - Regensburg nach Piaski

Abfahrtsdatum: 04.04.42, Deportierte: 987

In den frühen Morgenstunden des 4.4.42 verließ dieser Transport mit 774 Juden aus Oberbayern und Schwaben das Sammellager Milbertshofen in München. In Regensburg kamen weitere 213 Personen hinzu, davon 43 aus Niederbayern, so dass insgesamt 987 Menschen in das Getto von Piaski im Distrikt Lublin des Generalgouvernments deportiert wurden. Für den Teiltransport aus München haben sich verschiedene namentliche Aufstellungen erhalten. Eine im Institut für Zeitgeschichte München als Kopie vorhandene Liste der Staatspolizeistelle München zur "Aussiedlung von Juden aus dem Stapobereich München Gau Oberbayern und Schwaben/Neuburg nach den Ostgebieten" führt 776 Personen auf [IfZ München, Fa 209/I].


Eine gleichlautende Liste, die jedoch eine unterschiedliche Paginierung aufweist, befindet sich in den Beständen der Arolsen Archives. Diese enthält handschriftliche Korrekturen. So wurden von den 776 Namen zwei gestrichen, Norbert Godlevski (Nr. 158) und Rolf Grabower (Nr. 192). Norbert Godlevski war laut einer beim ITS verwahrten Zusammenstellung der 1942/43 in München registrierten Juden "nicht als Jude zu führen" und wurde vermutlich aus diesem Grund von der Deportation zurückgestellt. Dr. Rolf Grabower, in der Transportliste mit der Berufsbezeichnung "Reichsrichter a.D.", früherer Ministerialrat im Reichsfinanzministerium und Richter am Reichsfinanzhof, nach seiner zwangsweisen Verpflichtung Leiter des jüdischen Arbeitseinsatzes im Lager Milbertshofen und in der Flachsröste Lohhof bei Unterschleißheim, wurde aufgrund der Intervention mehrerer Persönlichkeiten von der Transportliste gestrichen. Dennoch wurde er später deportiert und gelangte mit dem Transport vom 18.6.42 in das Getto Theresienstadt. Er überlebte den Holocaust und war nach Kriegsende u.a. Präsident der Oberfinanzdirektion Nürnberg.

339 der in der Liste aufgeführten Personen wurden aus München und dem jüdischen Arbeitslager Lohhof deportiert. Dazu kam ein Deportierter (Lothar Wainschel), der aus dem jüdischen Arbeitslager Neuendorf im Sande (Regierungsbezirk Frankfurt/Oder) zu seinen Eltern nach München zurückgeführt wurde. Die Monatsstatistik der Reichsvereinigung verzeichnete im April 338 Deportierte aus dem Bereich der Kultusvereinigung München und 340 aus ganz Oberbayern. Für Augsburg wurden 430 und für Regensburg 213 Deportierte registriert, insgesamt also 983 Menschen aus Bayern. Möglicherweise wurden von auswärts Zugeführte wie Lothar Wainschel in der Statistik den bisherigen Wohnorten zugeordnet. Hierzu gehörten auch Heinrich Thanhauser aus Bielefeld und Trude Neuburger aus Berlin, die über die Gestapo Augsburg zu ihren Eltern zurückgeführt und mit diesen deportiert wurden. In der ITS-Liste wurde der Name von Elsbeth Rosenfeld durch den von Heinrich Thanhauser überklebt (Nr. 274 der Transportliste). Elsbeth Rosenfeld, Wirtschaftsleiterin der "Heimanlage für Juden Berg am Laim", wurde noch unmittelbar vor Abgang des Transports zurückgestellt [M. Strnad, Zwischenstation "Judensiedlung", München 2011, S. 117-118]. Ihr gelang später die Flucht in die Schweiz.


Eine weitere Namensliste wurde vom Oberfinanzpräsidenten München erstellt. Die folgende Kopie aus dem Historischen Archiv der Commerzbank, Bestand HAC-500/3774-2000, umfasst neben den aus den obigen Gestapolisten bekannten 645 Deportierten aus Oberbayern und Schwaben (ohne Augsburg) zusätzlich 41 Menschen aus Niederbayern. In einer Berichtigung der Namensliste sind die Korrekturen vermerkt, die auch in vorstehender ITS-Liste handschriftlich eingefügt wurden. So ist u.a. angegeben, dass Norbert Godlevski (Nr. 158) zu streichen ist, der sich noch auf der 341 Personen umfassenden Teilliste aus München befindet. Auf einer weiteren Liste sind die Namen von 39 Personen aus München und 8 aus Augsburg angegeben, deren Vermögen aufgrund der Gesetze über die Einziehung und Verwertung volks- und staatsfeindlichen Vermögens eingezogen wurde. In den späteren Namenslisten der Finanzbehörde zu den Transporten vom 13.7.42 und 13.3.43 nach Auschwitz ist bei diesen Namen jeweils ein "St" für "Staatsfeinde" eingefügt. Für die nachfolgende Reproduktion wurden die in den Originalen vereinzelt handschriftlich notierten Kontodaten unkenntlich gemacht.

Orte, aus denen deportiert wurde









Altenstadt

13


Floß

1


Neuendorf im Sande

1

Amberg

8


Hainsfarth

6


Neumarkt/Oberpfalz

16

Augsburg

129


Hengersberg

3


Neu-Ulm

7

Berg

1


Ichenhausen

80


Nördlingen

25

Bergreichenstein

1


Kempten

10


Oettingen

8

Berlin

1


Klentsch

3


Otterfing/Holzham

1

Bielefeld

1


Krumbach

14


Regensburg

119

Binswangen

5


Landshut

11


Straubing

23

Buttenwiesen

37


Lindau

2


Sulzbürg

4

Cham

1


Lohhof

14


Tirschenreuth

1

Deggendorf

6


Maierhof

1


Vilseck

3

Erbendorf

3


Memmingen

22


Wallerstein

3

Fellheim

12


Mindelheim

2


Weiden

8

Fischach

56


München

325




München

Niederbayern

Schwaben

Korrektur

"Staatsfeinde"

©TF 2022, mail(at)statistik-des-holocaust.de

In den überlieferten Unterlagen des Oberfinanzpräsidenten Nürnberg befindet sich eine "Transportliste über Aussiedlung von Juden nach Lublin-Izbica aus dem Stapobereich Regensburg". In dieser sind die Namen der 213 aus Niederbayern und der Oberpfalz deportierten Menschen verzeichnet, die dem aus München kommenden Zug angeschlossen wurden. Allein 119 von ihnen stammten aus Regensburg. Im Vergleich zur voranstehenden Liste des OFP München sind für das niederbayerische Straubing 23 und damit zwei Personen zusätzlich aufgeführt (Else Ansbacher und Flora Frank). Die Liste befindet sich im Staatsarchiv Nürnberg, Bestand OFD Nürnberg (Bund) Nr. 15456.

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