Deportationen aus Westfalen nach Auschwitz 1943
Abfahrtsdatum: 02.03.43, Herkunft: Dortmund -
Abfahrtsdatum: 17.05.43, Herkunft: Dortmund, Deportierte: ?
Westfalen war von den Verfolgungsmaßnahmen im Rahmen der reichsweiten "Fabrikaktion"
von allen Regionen außerhalb Berlins und Breslaus am stärksten betroffen. Der Saal
der Gastwirtschaft Gerold am Brackeler Hellweg war in Dortmund die Sammelstelle für
die etwa 300 zur Deportation bestimmten jüdischen Arbeiter und ihre Familienangehörigen
aus dem Regierungsbezirk Arnsberg. In der Nacht vom 1./2.3.43 war die Gaststätte
Zur Börse am Nordausgang des Dortmunder Hauptbahnhofs zugleich Zwischenstation für
Juden aus einen Koppelzug, der von Stuttgart kommend über Trier durch das Ruhrgebiet
geführt wurde und bereits 212 Menschen aus Württemberg, Baden und dem Rheinland aufgenommen
hatte. Am 2.3.43 fuhr dieser Zug mit nunmehr über 500 Juden vom Dortmunder Südbahnhof
aus weiter in Richtung Bielefeld, wo etwa 250 Menschen für den Transport im Saal
der Eintracht am Klosterplatz gesammelt wurden. Bis zu 80 von ihnen befanden sich
zuvor im Lager in der Schloßhofstr. [J. Asdonk u.a., (Hrsg.), "Es waren doch unsere
Nachbarn!", Deportationen in Ostwestfalen-
Aus dem Kreis Paderborn wurden am 1.3. mehr als 100 Menschen nach Bielefeld zum Anschluss
an den Transport überstellt. Hierzu heißt es in einer Anweisung der Gestapoleitstelle
Münster an die Außendienststelle Paderborn: "Das Jüdische Arbeitseinsatzlager in
Paderborn, die Jüdin Neumann in Paderborn, Bachstr. 6., die Familie Tobias in Haaren
und Erwin Dietrich in Westheim sind bis Montag spätestens 1300 Uhr im Saal der Eintracht
in Bielefeld einzuliefern." Betroffen waren allein 98 Juden des aufgelösten Lagers
am Grünen Weg [M. Naarmann, Ein Auge gen Zion... Das jüdische Umschulungs-
Ebenfalls nach Bielefeld überführt und von dort deportiert wurden 8 Juden aus Osnabrück.
Sowohl der 2.3. als auch der 3.3. werden in behördlichen Schreiben als Datum ihrer
"Evakuierung" nach Auschwitz genannt [HStAH, Hann. 210 Acc. 160-
Bestätigt wird das Abgangsdatum des Transports durch ein Schreiben der Gestapo Dortmund an den Landrat in Brilon im Regierungsbezirk Arnsberg, mit dem das “Verzeichnis der im dortigen Bereich wohnhaft gewesenen und am 2.3.1943 evakuierten Juden” übersandt wurde. Dieses wurde an die jeweiligen Ortspolizeibehörden weitergereicht, um die Melderegister für die betroffenen Menschen zu berichtigen und jeweils den Vermerk “unbekannt verzogen” einzufügen. So wurde die Ortspolizeibehörde in Winterberg angewiesen, die Eintragungen für das deportierte Ehepaar Josef und Friederike Winterberger vorzunehmen. Eine Kopie dieser Schreiben sowie eine Abschrift der Richtlinien dieses im Rahmen der “Fabrikaktion” durchgeführten Transports befinden sich in einer Nachkriegssammlung der Polizeibehörde Dortmund, abgebildet in einer Kopie aus den Yad Vashem Archives, Bestand O.51/215.
Häftlingsnummern in Auschwitz vom 3.3.43 für Deportierte aus dem Arbeitseinsatzlager Paderborn | |||||
104890 |
Abraham, Manfred |
104939 |
Grünebaum, Artur |
104999 |
Nathan, Heinz |
104891 |
Abramowicz, Siegfried |
104941 |
Guttentag, Artur |
105004 |
Ohnhaus, Alfred |
104892 |
Angress, Erwin |
104942 |
Hartog, Gert |
105008 |
Philipp, Isidor |
104895 |
Auerbach, Erich |
104944 |
Heilbronn, Emil |
105014 |
Rosenbaum, Kurt |
104898 |
Bauer, Max |
104952 |
Isaak, Martin |
105022 |
Sander, Günther |
104899 |
Becker, Heinz |
104956 |
Joselewitsch, Nathan |
105025 |
Seligmann, Sellow |
104900 |
Berg, Günter |
104962 |
Kiewe, Dagobert |
105034 |
Schwabe, Erich |
104905 |
Blum, Walter |
104967 |
Krohner, Fritz |
105041 |
Steinitz, Kurt |
104906 |
Brinitzer, Herbert |
104968 |
Kuttner, Ludwig |
105044 |
Sternfeld, Rolf |
104907 |
Broh, Walther |
104969 |
Langenbach, Hartwig |
105046 |
Teesch, Fredy |
104911 |
Deutsch, Erhard |
104974 |
Levy, Heinz |
105055 |
Wartenburg, Hans |
104915 |
Ellenberg, Wolf |
104975 |
Levy, Max |
105057 |
Weil, Siegfried |
104923 |
Fuld, Alwin |
104978 |
Lilie, Justin |
105058 |
Weinberg, Günther |
104925 |
Gern, Günther |
104982 |
Lippmann, Joachim |
105064 |
Wolf, Manfred |
104928 |
Glogowski, Walter |
104983 |
Löwenstein, Jürgen |
105065 |
Wolff, Peter |
104931 |
Goldschmidt, Horst |
104988 |
Mayer, Helmut |
105087 |
Goetz, Werner |
104934 |
Grajewski, Daniel |
104995 |
Michel, Ernst |
105134 |
Podlescher, Alfred |
Aus den Unterlagen des ITS sind die in Auschwitz vergebenen Häftlingsnummern für
die in der Paderborner Liste verzeichneten 61 Männer zum größten Teil bekannt (siehe
Tabelle). Sie wurden für den Arbeitseinsatz in Monowitz selektiert. Für einige Paderborner
ist der in Auschwitz erstellte "Häftlingspersonalbogen" erhalten geblieben, aus dem
Details zur Person sowie die Daten der Verhaftung in Paderborn (26.2.-
Häftlingsnummern in Auschwitz vom 3.3.43 für Deportierte aus dem übrigen Westfalen | |||||
Teiltransport aus Dortmund |
105090 |
Grüneberg, Herbert |
104940 |
Gugenheim, Fritz | |
104920 |
Frankenthal, Hans |
105102 |
Hesse, Norbert |
104949 |
Hildesheimer, Hans |
104921 |
Frankenthal, Ernst |
105117 |
Levy, Fritz |
104951 |
Hoffmann, Paul |
104932 |
Goldschmidt, Rolf |
105458 |
Bachmann, Julius |
104955 |
Josephs, Helmut |
104933 |
Gollubier, Herbert |
105460 |
Eichengrün, Walter |
104973 |
Leiter, Leo |
104946 |
Heinemann, Hugo |
105461 |
Eichengrün, Oskar |
105002 |
Neuhaus, Ludwig |
104953 |
Jacob, Werner |
105463 |
Fiebelmann, Martin |
105003 |
Neustädter, Bernhard |
104957 |
Kahlenberg, Salo |
105465 |
Grünewald, Walter |
105023 |
Sachs, Julius |
104979 |
Lion, Ernst |
105468 |
Goldschmidt, Ludwig |
105047 |
Tobias, Walter |
104980 |
Likier, Jakob |
105471 |
Hirsch, Arthur |
105049 |
Voos, Julius |
104981 |
Likier, Selig |
105475 |
Heilbronn, Walter |
105053 |
Wachsmann, Hans |
104985 |
Löwenstein, Siegfried |
105490 |
Rose, Werner |
105067 |
Zimmt, Georg |
104990 |
Meier, Siegfried |
105495 |
Sanders, Kurt |
105070 |
Berger, Siegfried |
105001 |
Neugarten, Max |
105496 |
Samson, Julius |
105071 |
Brass, Hans |
105010 |
Präger, Michael |
105498 |
Stern, Heinz |
105077 |
Dillenberg, Ernst |
105012 |
Ransenberg, Friedel |
|
|
105086 |
Fürth, Erich |
105013 |
Ransenberg, Herbert |
Teiltransport aus Bielefeld |
105112 |
Kaufmann, Max | |
105017 |
Rosenthal, Georg |
104893 |
Artmann, Moritz |
105116 |
Levy, Herbert |
105018 |
Rosenthal, Max |
104902 |
Bendorf, Julius |
105131 |
Nelson, Gerhard |
105020 |
Ruhr, Erich |
104903 |
Bendorf, Manfred |
105132 |
Niedrig, Schulim |
105030 |
Schild, Werner |
104916 |
Feldheim, Alfred |
105143 |
Rosenstein, Max |
105032 |
Schnog, Eugen |
104917 |
Fink, Siegfried |
105148 |
Sohrauer, Siegfried |
105033 |
Schulte, Julius |
104918 |
Frank, Julius |
105149 |
Sonntag, Daniel |
105035 |
Schwalm, Paul |
104919 |
Frank, Karl |
105474 |
Heilborn, Gerhard |
105062 |
Wilzig, Samuel |
104927 |
Giesener, Heinz |
105483 |
Lichtenstein, Herbert |
105066 |
Wolff, Erich |
104935 |
Gross, Julius |
105501 |
Voos, Robert |
105084 |
Feldheim, Wilhelm |
104936 |
Gross, Heinz |
|
|
Für weitere männliche Deportierte der Teiltransporte aus Dortmund und Bielefeld können die in Auschwitz am 3.3.43 vergebenen Häftlingsnummern mit Hilfe der Unterlagen des ITS ermittelt werden (siehe Tabelle). Darüberhinaus existieren ebenfalls "Häftlingspersonalbögen" aus Auschwitz, so für Walter Tobias aus Haaren, der mit seiner Familie am Morgen des 1.3. im Sammellager in Bielefeld eingeliefert wurde [J. Wedekin, Die Landjuden von Haaren, Haaren 2008, S. 194]. Im Dokument zu Walter Tobias ist zum "Wohnort" der Ehefrau Selma vermerkt: "z. Zt. in K. L. Auschwitz", zur Zahl der Kinder: "5". Es ist unwahrscheinlich, dass die Frau und Kinder von Walter Tobias auch nur Tage nach der Ankunft noch gelebt haben.
Arbeitseinsatzlager Paderborn
Osnabrück
Durch die Reichsvereinigung wurden im Monat März 1943 insgesamt 547 Deportierte aus dem Bereich der Bezirksstelle Westfalen registriert. Da kein Transport nach Theresienstadt oder in ein anderes Lager führte, kann davon ausgegangen werden, dass die in der Statistik aufgeführte Zahl sich auf die Deportierten vom 2.3. nach Auschwitz bezogen hat. Transportlisten für die beiden Teiltransporte aus Dortmund und Bielefeld sind nicht bekannt. Erhalten ist jedoch die "Anwesenheitsliste" der Jüdischen Arbeitseinsatzgruppe Paderborn vom 31.12.1942 mit den Namen der 98 überwiegend jungen Menschen, die später deportiert wurden. Die nachfolgende Reproduktion dieser Liste stammt aus den Arolsen Archives. Ebenfalls abgebildet ist die "Liste der am 2. März 1943 von Bielefeld abgeschobenen Juden" aus Osnabrück in einer Kopie aus dem Niedersächsischen Landesarchiv, Bestand NLA Hannover Hann. 210 Acc. 160/98 Nr. 8 fol. 247.
Die Namen der Deportierten vom 2.3.43 können zu einem großen Teil rekonstruiert werden.
In Bezug auf den Dortmunder Teiltransport ist hierbei insbesondere das Gedenkbuch
für Dortmund unter Einbeziehung der Hausstandsbücher zu nennen [R. Fischer, Verfolgung
und Vernichtung: die Dortmunder Opfer der Shoah, Essen 2015], für den Teiltransport
aus Bielefeld die Dokumentation des Stadtarchivs Bielefeld mit Auswertung der Meldedaten
[M. Minninger u.a., Antisemitisch Verfolgte registriert in Bielefeld 1933-
Anzumerken ist wiederum, dass sich die in der nachfolgenden Liste verzeichnete letzte
Adresse für die Dortmunder Juden auf den Stand vom 1.6.41 bezieht [U. Knipping, Die
Geschichte der Juden in Dortmund während der Zeit des Dritten Reiches, Dortmund 1977,
S. 184-
Bisher weitgehend ungeklärt sind die Umstände eines kleineren Transports nach Auschwitz,
der Dortmund offenbar parallel zum Transport nach Theresienstadt am 17.5.43 verlassen
hat. Zumindest vier Deportierte aus Dortmund sind namentlich bekannt (Nisle Klinger
mit ihren Kindern Hermann, Isidor und Johanna), dazu vermutlich auch zwei aus Hagen
(Paul Koppel und Leopold Strauß). Hermann und Isidor Klinger haben in Auschwitz die
Häftlingsnummern 122782 bzw. 122783 erhalten. Am 24.5.43 wurde im Lager ein Sammeltransport
mit 22 Männern (Häftlingsnummern 122773-
©TF 2022, mail(at)statistik-
Orte, aus denen deportiert wurde | |||||||
|
|
|
|
|
|
|
|
Assinghausen |
2 |
|
Herne |
6 |
|
Niedernetphen |
3 |
Beringhausen |
2 |
|
Hilchenbach |
4 |
|
Nuttlar |
3 |
Bielefeld |
112 |
|
Iserlohn |
16 |
|
Oeventrop |
3 |
Bigge |
13 |
|
Kanstein |
3 |
|
Osnabrück |
8 |
Bochum |
3 |
|
Laasphe |
2 |
|
Paderborn |
99 |
Brilon |
14 |
|
Littfeld |
3 |
|
Schmallenberg |
10 |
Dortmund |
119 |
|
Lünen |
5 |
|
Schwerte |
7 |
Haaren |
7 |
|
Madfeld |
2 |
|
Siegen |
5 |
Hachen |
4 |
|
Meschede |
3 |
|
Werther |
7 |
Hagen |
10 |
|
Minden |
7 |
|
Winterberg |
2 |
Hamm |
4 |
|
Neheim- |
29 |
|
Witten |
5 |
Herbede |
6 |
|
Niedermarsberg |
2 |
|
unbekannt |
17 |
"Personalbögen" für Deportierte aus dem Arbeitseinsatzlager Paderborn
"Personalbögen" für Deportierte aus Westfalen (außer Paderborn)
Bielefeld
Dortmund
Haaren
Hachen
Iserlohn
Laasphe
Schmallenberg
Werther
Witten
Jüdische Bevölkerung in Deutschland |
Jüdische Bevölkerung in Berlin |
Kultusvereinigungen und Bezirksstellen |
Deportation der Juden aus Deutschland |
Jüdische Auswanderung aus Deutschland |
Volkszählung von 1933 |
Volkszählung von 1939 |
Volkszählung von 1946 |
Bayern |
Berlin |
Brandenburg-Ostpreußen |
Hessen/Hessen-Nassau |
Mitteldeutschland |
Nordwestdeutschland |
Rheinland |
Schlesien |
Südwestdeutschland |
Westfalen |
I. Transport |
II. Transport |
III. Transport |
IV. Transport |
Brandenburg |
Pommern/Ostpreußen |
Sachsen/Thüringen |
Sudetenland |
13.07.42 nach Auschwitz |
1943 nach Auschwitz |
13.11.-16.12.42 nach Theresienstadt |
1943-45 nach Theresienstadt |
Baden |
Pfalz |
Saarland |