Dem 19. Berliner Osttransport mit 790 Teilnehmern wurden bei einem Zwischenaufenthalt
vermutlich in Insterburg weitere Menschen aus Ostpreußen angeschlossen [A. Gottwaldt,
D. Schulle, Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden
2005, S. 257]. Eine durch die Reichsbahn angefertigte "Zusammenstellung der am 6.
August 1942 in Frankfurt(M) vereinbarten Sonderzüge für Umsiedler, Erntehelfer und
Juden in der Zeit vom 8.8.-30.10.42" enthält im zugehörigen "Umlaufplan" einen Vermerk
zum geplanten Transport mit der Bezeichnung Da 403, der am 31.8. um 19.50 Uhr den
Bahnhof Berlin-Moabit verlassen und am 2.9. um 15.59 Uhr in Riga ankommen sollte
[Yad Vashem Archives, O.53/Ludwigsburg, USSR Collection]. Obwohl in der Literatur
häufig der 5.9. als Abfahrtsdatum genannt wird, kann davon ausgegangen werden, dass
die Abfahrt von Berlin wie in der Reichsbahnplanung vorgesehen am Abend des 31.8.
erfolgt ist (siehe hier). Der Zug hat damit Ostpreußen aller Wahrscheinlichkeit nach
am 1.9.42 für den Anschluss der von dort zu deportierenden Menschen erreicht.
Gestützt wird diese Annahme u.a. durch Angaben in Suchanfragen, die nach dem Krieg
an den ITS in Bad Arolsen gestellt wurden. So schreibt der Bruder von Dr. Arthur
Rosenbaum, dass dieser am 1.9. mit unbekanntem Ziel verschleppt worden ist. "Ihm
war die Mitnahme von Brot für 3 Tage aufgegeben worden. Vielleicht ist er in das
Vernichtungslager Riga(?) gebracht worden." Der Bruder von Rahel/Rosa Epstein gibt
an, dass er "zum letzten Mal, am 1.9.1942, vor ihrer Deportation", Nachricht von
seiner Schwester und ihrem Ehemann erhalten hatte. Aus dem Entschädigungsverfahren
zu Lotte Heller ist zudem bekannt, dass sie am 1.9. zur Deportation auf den Hauptbahnhof
Königsberg gebracht und dort wegen Mitnahme nicht gestatteten Eigentums standrechtlich
erschossen worden ist.
Für die Brüder Max und Herbert Großmann aus Königsberg sind Häftlingspersonalkarten
des Konzentrationslagers Buchenwald erhalten, aus denen hervorgeht, dass sie am 3.9.42
in Riga eingewiesen wurden. Im August 1944 sind sie mit weiteren deportierten Juden
über Stutthof nach Buchenwald gebracht worden. Für den mit dem 19. Berliner Osttransport
deportierten Berthold Guthmann ist in der Häftlingspersonalkarte ebenfalls der 3.9.42
als Tag der Einweisung in Riga angegeben worden. Dies kann als weiteres Indiz gewertet
werden, dass der Berliner und der Königsberger Transport als Koppelzug zusammen nach
Riga geleitet wurden. Die nachfolgenden Abbildungen der Häftlingspersonalkarten stammen
aus dem Archiv des ITS.
Berlin - Ostpreußen nach Riga
Abfahrtsdatum (Königsberg): 01.09.42, Deportierte: 163 (nur Ostpreußen, Gesamtstärke:
953)
Im Gegensatz zum Berliner Transport ist für den Teiltransport aus Ostpreußen keine
Namensliste bekannt. Anhand der Statistik der Reichsvereinigung für September 1942
kann jedoch ermittelt werden, dass 163 Juden (nach Abzug einer Person im Oktober)
aus dem Regierungsbezirk Königsberg deportiert wurden. Damit kann die Gesamtzahl
der Deportierten in diesem Koppelzug nach Riga mit 953 angenommen werden. Für den
Königsberger Teiltransport konnten bisher die Namen von 48 Betroffenen ermittelt
werden, siehe die rekonstruierte Liste.