Statistik und Deportation
der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich

Stuttgart nach Riga

Abfahrtsdatum: 01.12.41, Deportierte: 1000

Mit der ersten Deportation von Juden aus Württemberg und Hohenzollern wurden 1000 Menschen nach Riga gebracht. Diese Angabe machte anhand seiner früheren Abschriften aus Gestapoakten der ehemalige Vertrauensmann der Reichsvereinigung Alfred Marx in Aufstellungen von 1946 für den UNRRA-Suchdienst (siehe Kopie aus dem Archiv des ITS) und die Israelitische Kultusvereinigung Württemberg [USHMM, RG-14.053, Reel 8]. Unter dem Betreff "Abschiebung von Juden in das Reichskommissariat Ostland" hatte die Staatspolizeileitstelle Stuttgart am 18.11.41 die Landräte über den "im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung" bevorstehenden Transport informiert. "Württemberg und Hohenzollern ist daran zunächst mit einem Transport von 1000 Juden beteiligt, der am 1.12.1941 von Stuttgart aus abgeht" (siehe die Abschrift des Dokuments aus dem Bestand der Kultusvereinigung Württemberg, hier in einer Kopie des USHMM, RG-14.053, Reel 1).

©TF 2022, mail(at)statistik-des-holocaust.de

In Übereinstimmung mit diesen Angaben verzeichnete die Statistik der Reichsvereinigung im Dezember 1941 für den Bereich der Bezirksstelle Württemberg ebenfalls 1000 Deportierte. Eine Gesamtliste der Gestapo ist nicht überliefert. Bekannt sind die hier abgebildeten Teillisten mit den Namen der 121 Deportierten aus Hohenzollern (110 aus Haigerloch und 11 aus Hechingen) aus dem Bestand des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, EA99/001, Bü235 (Hinweise von Albrecht Ernst und Helmut Gabeli). Ursprünglich waren 130 Menschen für den Transport vorgesehen. In seinem Schreiben an den Regierungspräsidenten in Sigmaringen vom 28.11.41 berichtete der Landrat von Hechingen über die bis zum Abtransport ausgefallenen und neu hinzu gekommenden Personen. In der im Anschluss an die Deportation erstellten Liste sind 122 Menschen verzeichnet, der Name von Klara Hohenemser wurde jedoch gestrichen. Sie wurde kurz vor dem Abtransport als transportunfähig zurückgestellt und im Februar 1942 in die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn verlegt, wo sie wenig später verstarb.

Orte, aus denen deportiert wurde









Affaltrach

2


Hechingen

11


Olnhausen

2

Ammertsweiler

1


Heidenheim a. d. Brenz

4


Pfalzgrafenweiler

2

Archshofen

2


Heilbronn

50


Reichenberg

2

Aufhausen

1


Herrlingen

1


Reutlingen

2

Bad Mergentheim

10


Hohebach

3


Rexingen

51

Baisingen

21


Horkheim

3


Rottenburg a. Neckar

1

Berlichingen

12


Igersheim

5


Schwäbisch Gmünd

2

Bonfeld

12


Künzelsau

5


Schwäbisch Hall

4

Braunsbach

7


Lauchheim

2


Stuttgart

347

Buchau

22


Laudenbach

4


Süßen

15

Buttenhausen

23


Laupheim

20


Talheim

18

Crailsheim

13


Leutkirch

2


Ulm

25

Dünsbach

1


Ludwigsburg

5


Wachbach

1

Edelfingen

10


Maselheim

2


Waiblingen

1

Eschenau

1


Massenbach

1


Weikersheim

2

Eßlingen a. Neckar

6


Michelbach a. d. Lücke

13


Weinsberg

1

Fellbach

1


Mühringen

3


Weißenstein

17

Freudental

5


Niederstetten

26


Zaberfeld

3

Göppingen

39


Oberdorf a. Ipf

18


nicht bekannt

10

Haigerloch

110


Öhringen

17




Die nicht überlieferte Gesamtliste des Transports vom 1.12.41 kann weitestgehend rekonstruiert werden. Eine wichtige Grundlage hierfür sind Nachkriegslisten, die von der Israelitischen Kultusvereinigung Württemberg und Hohenzollen sowie durch den früheren Stuttgarter Vertrauensmann der Reichsvereinigung der Juden Alfred Marx erstellt wurden (Kopien in den Arolsen Archives). Allerdings enthalten die Listen vielfach fehlerhafte Angaben, die den Abgleich mit weiteren Unterlagen notwendig machen. Von großer Bedeutung hierfür sind die Informationen in der Zentralen Namenkartei der Arolsen Archives. Wichtige Hinweise zur Rekonstruktion der Transportliste können darüberhinaus aus Dokumenten der Staatsarchive in Stuttgart (Bestand E 99/001), Ludwigsburg (Bestände EL 317 III, EL 350 I, EL 350 II, EL 402, FL 20, K 28) und Sigmaringen (Bestand Wü 126/7) erhalten werden. Weitere relevante Unterlagen befinden sich u.a. in den Stadtarchiven von Bad Mergentheim, Göppingen, Haigerloch, Heilbronn, Rottenburg und Schwäbisch Hall.


Auf der Basis der genannten Überlieferung konnten die Namen von 990 der 1000 nach Riga deportierten Menschen ermittelt und in die nachfolgende Liste aufgenommen werden. Allerdings kann in Einzelfällen aufgrund lückenhafter oder widersprüchlicher Angaben nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass Menschen erst in einem der nachfolgenden Transporte vom 26.4. bzw. 13.7.42 nach "Osten" deportiert worden sind. Im Fall von Stuttgart wurde aufgrund der zumeist fehlenden Informationen zur letzten Adresse die Angabe aus der "Judenliste (Stand Ende Dezember 1940)" des Statistischen Amts zugrundegelegt. Die Liste befindet sich im Stadtarchiv Stuttgart und gibt Aufschluss über die zu dem Zeitpunkt in Stuttgart polizeilich gemeldeten über 19 Jahre alten Juden. Für alle anderen Orte wird (soweit bekannt) die letzte Adresse zum Zeitpunkt der Deportation angegeben.