Bielefeld -
Abfahrtsdatum (Hamburg): 11.07.42, Deportierte: 404 (nur Nordwestdeutschland, Gesamtstärke: 1005)
Die zwei Sammeltransporte vom 11.7. und 13.7.42 unterschieden sich sowohl in der
Planung, der Zusammensetzung und dem Deportationsziel von den bisherigen Deportationen
aus dem Deutschen Reich. Zugleich waren sie von besonderen Geheimhaltungsvorkehrungen
gekennzeichnet, die dazu führten, dass nicht nur die Deportierten selbst bzw. die
in die Organisation der Transporte eingebundenen Kultusvereinigungen und Bezirksstellen
der Reichsvereinigung, sondern offenbar auch die mit der Vermögensverwaltung und
-
Nicht nur das "Altersghetto" Theresienstadt befand sich innerhalb der Reichsgrenzen,
sondern auch das Konzentrationslager Auschwitz, das, abgesehen von den im Mai und
Juni 1942 erfolgten Deportationen aus Oberschlesien, am 11.7. und 13.7.42 erstmals
zum Ziel von Transporten aus dem Deutschen Reich wurde. Dies ergibt sich nicht nur
aus der Vermögensabwicklung nach den Vorschriften für Deportationsziele innerhalb
Deutschlands (siehe auch hier), sondern auch aus dem Briefverkehr Deportierter und
weiteren Indizien im Zusammenhang mit den Teiltransporten aus Westfalen [M. Decker,
K.-
Abgangsdatum |
Herkunft |
Zahl der |
aus den Bereichen der |
des Teiltransports |
des Teiltransports |
Deportierten |
Staatspolizei(leit)stellen |
|
|
|
|
10.7.42 |
Westfalen - |
103 |
Bielefeld 86, Dortmund 2, Münster 3, Osnabrück 12 [1] |
10./11.7.42 |
Pommern - |
199 |
Köslin 168, Stettin 11, Frankfurt/Oder 9, Potsdam 11 [2] |
10./11.7.42 |
Mecklenburg |
93 |
Schwerin 93 [3] |
11.7.42 |
Braunschweig |
12 |
Braunschweig 12 [4] |
11.7.42 |
Hamburg |
299 |
Hamburg 294, Berlin 1, Kiel 1, Lüneburg 3 [5] |
11.7.42 |
Berlin (ohne Potsdam) |
199 |
Berlin 199 [2] |
11.7.42 |
Sachsen - |
100 |
Magdeburg 97, Dessau 3 |
Gesamt |
|
1005 |
|
[1] Nachmeldungen in der Statistik der Reichsvereinigung vom August 1942 abzgl. der Deportierten nach Theresienstadt am 31.7.42, siehe hier. [2] Die 11 Potsdamer Juden wurden mit dem Berliner Teiltransport deportiert, der damit eine Gesamtstärke von 210 Deportierten hatte. [3] Nachmeldung in der Statistik der Reichsvereinigung vom Oktober 1942 (siehe unten). [4] Laut Schreiben der Gestapo Braunschweig an den Oberfinanzpräsidenten in Hannover (siehe unten). [5] Angaben zum Hamburger Transport laut Listen der Gestapo (siehe unten). |
In Nordwestdeutschland wurden Teiltransporte aus Hamburg, Mecklenburg und Braunschweig zusammengestellt. Dem Hamburger Deportationszug war zuvor der Teiltransport aus Westfalen zugeführt worden (siehe hier). Eine von der Staatspolizeileitstelle Hamburg erstellte "Namentliche Liste der 299 Juden, die am 11.7.1942 aus Hamburg ausgewandert sind" enthält im Gegensatz zu vorangegangenen Hamburger Listen keine Nennung des Transportziels. Aufgeführt sind die Namen von 305 Personen, von denen 6 gestrichen wurden. Von den 299 Deportierten hatten 294 eine Hamburger Adresse, 2 Personen kamen aus Celle, und je 1 Person aus Lüneburg, Neumünster und Berlin.
Die Gestapoliste ist in einer (unvollständigen) Kopie aus den Arolsen Archives abgebildet.
Das Original befindet sich im Staatsarchiv Hamburg, Bestand 314-
Am 6.7.42 wurden die Polizeibehörden in Mecklenburg durch die Gestapo Schwerin darüber informiert, dass "am 11.7.1942 ... aus dem Bereiche der Staatspolizeistelle Schwerin 91 Juden nach dem Osten evakuiert werden." Am 10.7. wurden die betroffenen Menschen nach Ludwigslust gebracht, um dort am nächsten Tag dem aus Hamburg kommenden Transportzug angeschlossen zu werden. Dieser sollte Ludwigslust fahrplanmäßig um 13.39 Uhr verlassen [StadtA Rostock, 1.1.8. Nr. 646]. In einer Nachmeldung für den Bereich der Gestapo Schwerin führt die Oktoberstatistik der Reichsvereinigung insgesamt 93 Deportierte auf. Diese Angabe muss sich auf den bis dahin einzigen Transport aus Mecklenburg vom 11.7.42 beziehen. Erst im November 1942 sind weitere Menschen aus Mecklenburg in das Getto von Theresienstadt deportiert worden (siehe hier).
Die hier abgebildeten Listen aus Rostock und Schwerin enthalten die Namen von 36
Personen, von denen 34 deportiert wurden. Gertrud Prager aus Rostock befand sich
in Haft, Lotte Stern aus Schwerin hatte sich am 8.7. gemeinsam mit ihrer Mutter das
Leben genommen [B. Kasten, Verfolgung und Deportation der Juden in Mecklenburg 1938-
Für das Land Braunschweig gibt es durch das oben genannte Schreiben der Gestapo Braunschweig an den Oberfinanzpräsidenten in Hannover zu den "12 Vermögenserklärungen von Juden, die am 11. Juli 1942 nach Auschwitz (Oberschlesien) abgeschoben worden sind", einen Anhaltspunkt für die Zahl der Deportierten. Das Dokument weist außerdem einen handschriftlichen Eintrag auf, dass aus Braunschweig 10 Menschen, darunter 4 Kinder, deportiert wurden und 2 aus Wolfenbüttel. Allerdings führt die Monatsstatistik der Reichsvereinigung im Juli 1942 nicht 12, sondern 9 Deportierte für den Bereich der Gestapo Braunschweig auf. Hierbei handelte es sich jedoch vermutlich um die 9 Deportierten aus dem Landkreis Holzminden, der am 1.11.41 vom Land Braunschweig in die Provinz Hannover eingegliedert wurde, im Hannoveraner Transport vom 23.7.42 nach Theresienstadt. Gleichermaßen hatte die Reichsvereinigung zuvor die 19 Deportierten aus Holzminden im Transport vom 1.4.42 nach Warschau beim Land Braunschweig registriert. In der Novemberstatistik 1942 gibt es dann für den Bereich der Bezirksstelle Nordwestdeutschland eine Nachmeldung von wiederum 9 Deportierten aus Juli, wobei aber unklar ist, ob sich diese auf Braunschweig bezieht, da eine Aufteilung nach Gestapobereichen wie in den Monatsstatistiken zuvor nicht mehr überliefert ist.
Tatsächlich befanden sich im Teiltransport aus Braunschweig 5 Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren der Familie Laiter. Der Vater Wilhelm Laiter war 1942 zunächst im Lager Hallendorf 21 in Haft und wurde dann über Oranienburg nach Auschwitz deportiert, wo er am 26.10.42 umgekommen ist. Die Verhaftung von Wilhelm Laiter war vermutlich der Grund, warum die Familie nicht bereits mit dem Braunschweiger Transport vom 1.4.42 abtransportiert worden ist. Die beiden Kinder aus dessen erster Ehe, Rolf und Sylvia, sind entgegen verschiedentlicher Angaben in der Literatur nicht am 11.7.42 deportiert worden. Beide wurden von unterschiedlichen Familien adoptiert und trugen neue Familiennamen. Rolf Tischler wurde zusammen mit seiner Adoptivmutter am 27.11.41 von Berlin nach Riga deportiert, während Sylvia Lüneburger 1936 verstorben ist [NLA Hannover Nds. 110 W Acc. 14/99 Nr. 127735, StadtA Braunschweig].
Die Namen der 12 deportierten Menschen aus Braunschweig und Wolfenbüttel sind in der nachfolgenden Liste rekonstruiert.
Ein erster Deportationszug wurde am 10./11.7.42 mit 1005 Juden aus Gestapobezirken im gesamten nördlichen Deutschland (außer Ostpreußen, aus dem ein Transport zwei Wochen zuvor am 24.6.42 in Richtung Minsk abgegangen war) zusammengestellt. Die Ermittlung der Zusammensetzung des Sammeltransports ist in erster Linie mit Hilfe der Statistik der Reichsvereinigung möglich, da sich nur wenige Transportlisten oder weitere Angaben erhalten haben. Die folgende Einzelaufstellung lässt vermuten, dass den Planungen "Sollzahlen" zu deportierender Personen aus den einzelnen Regionen zugrunde lagen: 100 aus Westfalen, 200 aus Pommern und Brandenburg, 100 aus Mecklenburg und Braunschweig, 300 aus Hamburg, 200 aus Berlin und 100 aus Sachsen und Anhalt.
Aussage von Max Plaut
Gestapo Braunschweig
Schwerin
Rostock
©TF 2022, mail(at)statistik-
Neben den Dokumenten zum Abtransport aus Rostock und Schwerin sind nur wenige weitere
zeitgenössische Unterlagen bekannt. So heißt es in einem Vermerk der Schutzpolizei
auf eine Anfrage des Bürgermeisters von Ribnitz, dass Sara Moses am 10.7.42 nach
Rostock überführt und einem Transportführer der Gestapo übergeben wurde. Weiter heißt
es: "Da dieselbe nach hier nie wieder zurückkehren wird, kann sie in der hiesigen
Kartei gestrichen werden." Das in Kopie abgebildete Dokument befindet sich im Stadtarchiv
Ribnitz-
In Röbel wurden durch die Gestapo im Februar 1942 noch 4 jüdische Einwohner registriert, die Geschwister Rosa und Robert Beyer, dessen Sohn Kurt sowie Carla Seinfeld aus Hamburg, die als Haushälterin bei Robert Beyer beschäftigt war. Im Mai 1942 ist dessen Bruder Alfred Beyer mit seiner Frau Margarete sowie der Tochter Annelise Pietsch und Enkelin Roselise aus Rostock zugezogen. Kurt Beyer sowie Annelise und Roselise Pietsch wurden am 9.7.42 "als unbekannt verzogen polizeilich abgemeldet", siehe die Kopie aus dem Stadtarchiv Röbel, Bestand Nr. 1041, Az. V33/Nr. 47 Die israelitische Gemeinde. Carla Seinfeld hatte Röbel am 7.5. in Richtung Ratibor verlassen. Am 14.5. ist sie im westfälischen Warburg zur Anmeldung gekommen und wurde am 10.7.42 mit dem Bielefelder Teiltransport im gleichen Deportationszug ebenfalls nach Auschwitz deportiert.
In den Akten des für die Vermögensverwaltung und -
Nach Auswertung der im Landesarchiv Schleswig-
Ribnitz
Röbel
Jüdische Bevölkerung in Deutschland |
Jüdische Bevölkerung in Berlin |
Kultusvereinigungen und Bezirksstellen |
Deportation der Juden aus Deutschland |
Jüdische Auswanderung aus Deutschland |
Volkszählung von 1933 |
Volkszählung von 1939 |
Volkszählung von 1946 |
Bayern |
Berlin |
Brandenburg-Ostpreußen |
Hessen/Hessen-Nassau |
Mitteldeutschland |
Nordwestdeutschland |
Rheinland |
Schlesien |
Südwestdeutschland |
Westfalen |
I. Transport |
II. Transport |
III. Transport |
IV. Transport |
Brandenburg |
Pommern/Ostpreußen |
Sachsen/Thüringen |
Sudetenland |
13.07.42 nach Auschwitz |
1943 nach Auschwitz |
13.11.-16.12.42 nach Theresienstadt |
1943-45 nach Theresienstadt |
Baden |
Pfalz |
Saarland |