Karlsruhe - Darmstadt nach unbekannt
Abfahrtsdatum (Karlsruhe): 29.09.42, Deportierte: 42 (nur Baden - Pfalz, Gesamtstärke:
925)
Bereits Anfang September 1942 wurde der Karlsruher Vertreter der Bezirksstelle Südwestdeutschland,
Karl Eisemann, von der Gestapo darüber informiert, "dass demnächst das Personal und
die Insassinnen der Lungenheilstätte Nordrach zur Abwanderung nach dem Osten gebracht
werden." Aus dem weiteren Schriftverkehr mit verschiedenen Bezirksstellen der Reichsvereinigung
ist ersichtlich, dass von den zur Deportation vorgesehenen Personen aus Nordrach
neben den Badenern drei ihren letzten Wohnsitz in Leipzig (Luise Brocziner, Betty
Hirschfeld, Meta Kaufmann-Süssermann), je zwei im Rheinland (Käte Salinger in Wuppertal,
Käte Tobias in Bedburg) und in Westfalen (Magdalene Grundmann in Vlotho, Lina Plesser
in Bielefeld) und je eine in Württemberg (Selma Einstein in Dellmensingen) und in
Hannover (Charlotte Caspari) hatten [HStA Stuttgart, EA99/001, Bü258]. Insgesamt
27 Menschen wurden aus Nordrach deportiert, unter ihnen der langjährige Chefarzt
Dr. Nehemias Wehl.
Neben den Menschen aus der Lungenheilstätte wurden weitere Personen aus Baden von
der Deportation erfasst. Am 21.9. wurden alle zunächst vorgesehenen 45 Teilnehmer
des bevorstehenden "Abwanderungstransports" mit einem Rundschreiben hierüber informiert.
Aus einem Schreiben an die Verwaltungsstelle Mannheim ist ein "Verzeichnis der zur
Abwanderung bestimmten Personen" überliefert. Hierzu gehörten auch 3 Freiburger Juden,
darunter Johanna Weinheim mit ihrer sechsjährigen Tochter Renée, die zunächst nach
Karlsruhe verbracht wurden. Am 29.9. sind schließlich 41 Menschen nach Darmstadt
gebracht worden, "um dem daselbst heute nach dem Osten abgehenden Abwanderungstransport
angeschlossen zu werden." So lautet es in einer Mitteilung vom 30.9.42 an die Berliner
Zentrale der Reichsvereinigung, Abteilung Statistik [HStA Stuttgart, EA99/001, Bü258].
Diese verzeichnet dann auch in ihrer Monatsübersicht 41 Deportierte aus Baden (als
Nachmeldung im Oktober 1942).
Eine Reproduktion des genannten Transportverzeichnisses ist nachfolgend abgebildet.
Die Liste wurde durch das Leo Baeck Institute veröffentlicht (siehe hier). Eine weitere
Liste befindet sich im Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in
Deutschland, Bestand B-1/19, Nr. 333. Kopien sind im Hauptstaatsarchiv Stuttgart
vorhanden, hier in den Beständen EA99/001, Bü267 und Bü268. Von den in der Liste
aufgeführten 45 Personen sind 3 vorerst zurückgestellt worden (Elisabeth Hachenburg,
Friederike Rogo und Elsa Schloß). Sie wurden am 1.3.43 nach Auschwitz deportiert.
Regina Spanier aus Karlsruhe hat vor der Deportation Selbstmord begangen. Von den
41 Deportierten haben 27 Nordrach, 11 Mannheim und 3 Freiburg als letzten Wohnort
verzeichnet.
Neben den Badener Juden wurde dem Darmstädter Transport auch ein Häftling aus dem
Zuchthaus Zweibrücken, Julius Hahn, zugeführt [HStA Stuttgart, EA99/001, Bü258].
Insgesamt sind demnach 42 Juden aus Südwestdeutschland und zusammen mit den 883 hessischen
Juden 925 Menschen am 29./30.9.42 in das Generalgouvernement deportiert worden. Der
Zielort des Transports ist bisher nicht bekannt.